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Kapitel 1 Großes Evangelium Johannes, Buch 4

Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi.

1. — Die wahre Weisheit und die lebendige Gottesverehrung

1. Als Ich Mich aufgerichtet habe und alle, die mit Mir über drei Stunden lang recht süß geschlummert haben, berufe Ich sogleich die drei zu Mir und frage sie, warum sie sich denn nicht auch die drei Stunden hindurch dem stärkenden Schlafe ergeben haben.

2. Sagt Mathael: „Herr! Du Herrlicher, Du Weisester! Wer kann schlafen, so er durch Dein Wort ohnehin die mächtigste Stärkung erhielt! Wir sind alle drei so gestärkt, als hätten wir die ganze Nacht allerbestens geschlafen! Wir aber haben die drei Stunden in Deinem Namen – so gut, als es uns möglich war – benutzt und haben vermittels Deiner gnädigsten Zulassung Dinge erfahren, von denen wohl noch keinem Sterblichen je etwas geträumt hat. Dafür wir Dir nun aber auch den innigsten und wärmsten Dank abstatten; Du bist der Herr, und allenthalben bist Du allein alles in allem; Dir allein darum aber auch alle unsere Liebe und höchste Achtung!“

3. Sage Ich: „Gut denn, Ich weiß, was ihr alles besprochen und erfahren habt vor der für euch einberaumten Zeit! Aber da ihr solches erfahren habt, so behaltet es vorderhand bei euch und machet auch nachderhand keinen unrechten Gebrauch davon; denn solches fassen die Kinder dieser Erde nicht; denn sie sind nicht von dorther, von woher ihr seid. Ihr werdet aber noch viel Größeres erfahren; wenn der Heilige Geist über euch kommen wird, den Ich dereinst aus den Himmeln über euch ausgießen werde, der wird euch erst in alle Wahrheit leiten! Das wird sein der Geist der Liebe, der Vater Selbst, der euch ziehen und lehren wird, auf daß ihr alle dorthin kommen möget, da Ich sein werde.

4. Denn wahrlich sage Ich es euch: Niemand wird zu Mir kommen, so ihn nicht der Vater zu Mir hinziehen wird! Ihr müsset alle vom Vater, also von der ewigen Liebe in Gott gelehret sein, so ihr zu Mir kommen wollt! Ihr alle müßt also vollkommen sein, wie der Vater im Himmel vollkommen ist! Aber das viele Wissen, wie auch die reichlichste Erfahrung wird euch nicht dahin bringen, sondern allein die lebendige Liebe zu Gott und im gleichen Maße zum Nächsten; darin liegt das große Geheimnis der Wiedergeburt eures Geistes aus Gott und in Gott.

5. Jeder aber wird zuvor mit Mir durch die enge Pforte der vollsten Selbstverleugnung ziehen müssen, bis er wird, wie Ich bin. Ein jeder muß aufhören, für sich etwas zu sein, um in Mir alles werden zu können.

6. Gott über alles lieben, heißt: in Gott ganz auf- und eingehen, – und den Nächsten lieben, heißt ebenfalls: in den Nächsten ganz eingehen, ansonst man ihn nie ganz lieben kann; eine halbe Liebe aber nützt weder dem, der liebt, noch dem, der geliebt wird.

7. Wenn du von einem hohen Berge die volle Aussicht nach allen Seiten hin haben willst, so mußt du in jedem Falle dessen höchste Spitze erklimmen; denn von einem unteren Höhenpunkte wird dir von der Ganzaussicht stets ein guter Teil verdeckt bleiben. Also muß denn auch in der Liebe alles und das Äußerste aus dem Innersten heraus geschehen, damit ihre Früchte an euch offenbar werden.

8. Euer Herz ist ein Acker, und die tätige Liebe ist das lebendige Samenkorn; die armen Brüder aber sind der Dünger für den Acker. Wer aus euch in den wohlgedüngten Acker viel der Samenkörner legen wird, der wird auch eine Vollernte machen. Mit je mehr Armen ihr den Acker düngen werdet, desto kräftiger wird er sein; und je mehr der guten Samenkörner ihr hineinlegen werdet, desto reicher wird die Ernte ausfallen. Wer da reichlich säen wird, der wird auch reichlich ernten; wer aber sparsam säen wird, der wird auch sparsam ernten.

9. Darin aber liegt die höchste Weisheit, daß ihr weise werdet durch die lebendigste Liebe. Alles Wissen aber ist ohne die Liebe nichts nütze! Darum bekümmert euch nicht so sehr um ein vieles Wissen, sondern daß ihr viel liebet, so wird euch die Liebe geben, was euch kein Wissen je geben kann! Es ist ganz gut, daß ihr drei die drei Stunden zur vielfachen Bereicherung eures Wissens und eurer Erfahrungen alleremsigst verwendet habt; aber alles das würde für sich eurer Seele wenig nützen. So ihr aber in der Folge die Zeit also emsig der Liebe zum Nächsten opfern werdet, so wird euch ein Tag schon von größerem Nutzen für eure Seelen sein!

10. Was nützete es euch vor Mir, so ihr euch nahe auflösen möchtet vor Verwunderung über Meine Macht, Größe und nie ergründbare Herrlichkeit, außerhalb eures Hauses aber weineten arme Brüder und Schwestern vor Hunger, Durst und Kälte? Wie elend und zu gar nichts nütze wäre ein lautes Jubel- und Lobgeschrei zur Ehre und zum Ruhme Gottes, über dem man das Elend des armen Bruders überhörete! Was nützen all die reichen und prunkvollsten Opfer im Tempel, wenn vor dessen Tür ein armer Bruder vor Hunger verschmachtet?

11. Darum sei euer Forschen vor allem nach dem Elend eurer armen Brüder und Schwestern gerichtet; denen bringet Hilfe und Trost! Da werdet ihr in einem Bruder, dem ihr geholfen habt, mehr finden, als so ihr alle Sterne bereist hättet und Mich gepriesen mit Zungen der Seraphim!

12. Wahrlich, Ich sage es euch, alle Engel, alle Himmel und alle Welten mit all ihrer Weisheit können euch nicht geben in Ewigkeit, was ihr erreichen könnet, so ihr einem Bruder, der im Elende war, wahrhaft geholfen habt nach aller eurer Kraft und nach allen euren Mitteln! Nichts stehet höher und näher bei Mir denn allein nur die wahre, tätige Liebe!

13. So du zu Gott betest und hörst, solange du betest, die Klagestimme deines armen Bruders nicht, der in deiner Betstunde zu dir um Hilfe gekommen ist, dann sei verflucht dein leeres Geplärr! Denn Meine Ehre bestehet in der Liebe – und nicht im eitlen Geplärre deines Mundes!

14. Ihr sollet nicht sein, wie da Jesajas gerufen hat: ,Siehe, dieses Volk ehret Mich mit den Lippen; aber sein Herz ist ferne von Mir!‘, sondern so ihr zu Mir betet, da tuet das im Geiste und in aller Wahrheit! Denn Gott ist ein Geist und kann nur im Geiste und in der Wahrheit angebetet werden.

15. Das wahre, Mir allein wohlgefällige Gebet im Geiste besteht demnach nicht im Bewegen der Zunge, des Mundes und der Lippen, sondern allein in der tätigen Ausübung der Liebe. Was nützt es dir, so du mit vielen Pfunden Goldes eines Propheten Grab geschmückt hast, hast aber darob die Stimme eines leidenden Bruders überhört?! Meinst du, Ich werde daran ein Wohlgefallen haben? Tor! Mit zornigen Augen wirst du von Mir angesehen werden, darum du eines Toten wegen die Stimme eines Lebendigen überhört hast!“

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