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Kapitel 139 Großes Evangelium Johannes, Buch 5

139. — Die Berechtigung der Vernunft und der Klugheit

1. Hier fragte Mich Cyrenius: „Ja, was ist denn das nun auf einmal? Roklus war bis jetzt schon wie ein wahrer Grundstein zur neu zu erbauenden heiligen Stadt, und nun ist er auf einmal wie total umgewendet, trotz dem, daß Du ihm alle Hilfe verheißen hast!“

2. Sage Ich: „Das ist und bleibt er, trotzdem er Mich nun nicht ganz richtig aufgefaßt hat! Aber Ich sah das noch in ihm und versetzte ihn in den Zustand, das noch aus sich zu schaffen. Aber es wird nun die Sache gleich ein ganz anderes Gesicht bekommen, wie du dich davon gleich überzeugen wirst!“

3. Hier wandte Ich Mich ganz freundlich an den Roklus und sagte: „Aber, Mein lieber Freund, wenn du die Sache nahe ganz verkehrt auffassest, so kann dir da kein Gott helfen, solange du dein eigenes Verständnis von früher her einer nachträglichen höheren Erleuchtung entgegenstellst! Das Schönste an der Sache aber ist das, daß du gerade das ganz lebensernstlich behauptest, was Ich von dir eigentlichst haben will! Wenn Ich dir zuvor Selbst die Klugheit der Schlangen und Füchse anempfohlen habe, wie könnte es Mir darauf beifallen, sie dir nun zu verbieten?!

4. Wie die Kinder zu behandeln und zu unterweisen sind, habe Ich am gestrigen Tage doch hinreichendst gezeigt; und bist du auch nicht bei allem zugegen gewesen, so hast du es doch durch Meinen Schnellschreiber geschrieben in den Händen! Da gibt es dann ja schon gar nichts mehr, was dich in irgendeiner Sache beirren könnte, von der man, was nur irgendeinen Unterricht anbelangt, sagen könnte: ,Siehe da, das ist unverständlich!‘ oder: ,Es taugt für diesen und jenen nicht!‘

5. So auch, wenn ihr mittels natürlicher Arzneien einen Kranken heilen möchtet und auch könntet, der Kranke aber oft eine entschiedene Antipathie gegen ein Medikament hat und solches um keinen Preis der Welt einzunehmen vermag, ihr aber vollkommen überzeugt seid, daß dem Kranken nur einzig und allein das gewisse Medikament sichere und schnelle Heilung verschaffen muß, so versteht es sich ja von selbst, daß ihr dann ein solches Medikament ohne weiteres anders benamsen und es auch mit etwas anderem vermengen könnet, auf daß es der Kranke nicht als das ihm Widerwärtige erkennt und zu seinem großen Nachteile von sich weist.

6. Was aber weiter die Beibringung dieser Meiner Gottes- und Lebenslehre betrifft, da sage Ich euch noch ganz eigens hinzu: Seid äußerlich mit allen alles, was sie sind, um sie euch alle zutraulich zu machen und zu gewinnen für Mein Reich! Seid mit den Juden Juden, mit den Heiden Heiden, lachet mit den Lachenden, und weinet mit den Weinenden, seid schwach und voll Geduld mit den Schwachen, und zeiget es dem Starken, daß auch ihr stark seid, auf daß ihn das Bewußtsein seiner Stärke nicht aufblähe und hochmütig mache! Nun, das wird dir, Mein lieber Freund, ja etwa doch genügen, um zu wissen, was Gottes allerhöchste Weisheit, als auch die Schöpferin eurer reinen Vernunft, von euch haben will!

7. Glaube du Mir, Meine Weisheit ist nie irgend wider eines Menschen ganz gesunde, nüchterne und vorurteilsfreie Vernunft! Denn diese muß es ja beurteilen, was da irgend vollkommen Rechtens ist!

8. Eine Wahrheit, wenn auch noch so verhüllt, ist und bleibt für sich dennoch ewig Wahrheit und wird dereinst als solche offenbar werden. Freund, eine Wahrheit, so es irgend die Notwendigkeit erheischt, kannst du verhüllen und ummänteln, wie du nur immer magst und kannst; das hängt alles von der Fassungskraft desjenigen ab, dem die Wahrheit gepredigt wird. Kinder werden mit Milch und Honig und gar weichem Brote gesättigt, während man dem Manne schon eine festere Manneskost reichen kann. Das ist dann ja schon alles in der besten Ordnung, wenn nur das Innere Wahrheit ist; auf die nötige Hülle wird da wenig oder auch gar nicht geschaut noch geachtet. Das wäre auch wahrlich höchst unweise und aller bessern Vernunft zuwider, so irgendein Mensch Meiner Hilfe bedürfte und Ich wohl wüßte, daß er ehrlich ist, ihn aber darum nicht ansehen würde, weil er einen persischen Rock anhat! Eine Wahrheit nötigenfalls verhüllen ist keine Sünde; aber eine offenbare Lüge und einen offenbarsten Betrug in das Kleid der Wahrheit stecken, das ist Sünde und ist von Mir für ewig verpönt!

9. Wenn du nun deine früheren Totenerweckungen betrachtest, so waren sie denn trotz deines guten Willens eine große, aber sehr wohlverhüllte Lüge, da dabei von einer wahren Totenerweckung keine Spur war, und so noch eine Menge, was ihr in eurem Institute alles betrieben habt. Ihr habt es von den Ägyptern und Arabern gelernt, zu berechnen, wann da eine Sonnen- und da eine Mondfinsternis eintreten kann; allein das blieb dem Volke ein Geheimnis. Ihr aber sagtet dann zum Volke: ,Weil du, Volk, unsere Stimme nicht hören willst, so wird der Oberste – der nun du bist! – den Göttern auftragen, an dem und dem Tage die Sonne oder den Mond zu verfinstern!‘ Das Volk versank darauf gleich in eine große Angst, bat und opferte unsinnig, und ihr gabet ihm am Ende nur den Trost, daß die Drohung zwar in jedem Falle vor sich gehen werde, doch werde man sie so unschädlich als möglich zu machen versuchen. – Siehst du, das war denn etwa doch eine allerbarste Lüge, verhüllt in ein ehrwürdiges Kleid der vollen Wahrheit!“

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