Help

jakob-lorber.cc

Kapitel 80 Robert Blum, Buch 1

Helenas Ungeduld wird beruhigt. Moses und David reden. Helenas Zwischenrede und Davids Nachrede.

(Am 16. Mai 1849)

1. Hier fragt Mich heimlich die Helena, sagend: „Aber Herr, Du mein süßester Jesus. Du hast ja zu mir gesagt, dass Du zuerst reden werdest, und dass ich mich nicht erschrecken soll, so Du etwa hier und da sehr scharf reden werdest, und wenn so ganz absonderliche Erscheinungen zum Vorschein kämen! Und siehe, nun reden immer die andern, und Du sagst eigentlich gar nichts dazu, und Erscheinungen kommen auch keine zum Vorschein!? Wie ist denn das zu nehmen und zu verstehen? Ich bitte Dich, erkläre mir diese Sache doch ein wenig näher!“

2. Rede Ich: „Meine liebste Helena, gedulde dich nur ein wenig, es wird dir nachher schon alles klar werden. Zuerst geredet aber habe Ich ja ohnehin, indem Ich an diese alle hier beim großen Ratstisch eine gar überaus großwichtigste Frage gerichtet habe. Nun aber müssen sie ja auf diese Meine an sie gestellte Frage sich äußern. Und so sie sich bald alle entäußert werden haben, dann werde Ich zu reden anfangen.

3. Und siehe, Ich kann zu reden anfangen, wann Ich nur immer will, so bin Ich dennoch stets der Erste, der da redet; und Meine Rede ist ebenso allzeit die Erste, weil Ich Selbst der Erste bin! Verstehst du das? Nun, nun, du verstehst es ja schon! So sei nun nur wieder ruhig und horche recht genau, was nun Moses reden wird! Die Erscheinungen werden nachher, wann Ich reden werde, schon zum Vorschein kommen. Nun sieh, Moses erhebt sich schon, und so wollen wir ihn denn hören!“

4. Die Helena ist nun wieder ganz ruhig, und Moses spricht mit großem Ernst: „Herr, als Dein Volk unter der ägyptischen Tyrannei schmachtete, da erwecktest Du mich und machtest mich zum Retter Deines Volkes. Ich lebte am Hofe Pharaos und ward eingeweiht in all die Schändlichkeiten und argen Pläne, die dieser Wüterich vor hatte mit Deinem Volk; denn seine Frevellust war mit der Ersäufung aller Erstlinge Deines Volkes noch lange nicht gesättigt! Ich betete im Geheimen oft zu Dir, dass Du Dein Volk denn doch endlich einmal erlösen möchtest von solch einem schrecklichen Joch. Aber Du hörtest damals viel schwerer denn jetzt!

5. Als ich sah, dass des Königs Wut stieg von Stunde zu Stunde, und dazukam, wie ein elender Höfling von einem Ägypter einen Israeliten gar erbärmlich schlug, so ward ich entrüstet, ergriff den Elenden, erschlug ihn und verscharrte ihn dann im Sand. Pharao, solches bald erfahrend, ließ mich suchen, dass er mich erwürgte. Aber ich entfloh noch zur rechten Zeit nach Midian. Dort beim Priester Raguel, der sieben Töchter hatte, deren Schafe ich bei meiner Ankunft tränkte, ankommend – erhielt ich bald deren eine, die Zippora hieß, zum Weib und ward darauf Hirte der Schafe des Priesters Bruder Jethro!

6. Und siehe, o Herr, erst als ich Jethros Schafe am Fuß des Berges Horeb weidete, kam ein Engel von Dir zu mir, hieß mich mit ihm gehen, da ein Dornbusch gar heftig brannte. Da behieß Deine Stimme mich meine Schuhe ausziehen, da die Stätte heilig war, an der ich stand. Da gabst Du mir dann die heilige Weisung, nach Ägypten zu ziehen und zu befreien Dein Volk, und gabst mir einen Stab, um mit selbem siebenfach zu schlagen den Pharao, dessen Herz Du verhärtet hast, darum er Dich nicht erkennen wollte.

7. Siehe, o Herr, nun ist mehr denn die Härte Pharaos in die Herzen der vielen großen und kleinen Machthaber gekommen! Sie opfern nun nicht mehr allein nur die Erstlinge ihrer Völker wegen der Ehre ihrer Throne, sondern entsenden viele Tausende auf die Schlachtfelder und lassen sie kämpfen und würgen untereinander, ärger als es einst der Fall war unter den finstersten Heiden! Diese alle sind getauft auf Dein Wort und Deinen Namen und haben Dein Gesetz: Du sollst nicht töten! Aber dennoch morden sie in einem fort und sind taub und stumm und blind geworden und hören nicht die Stimme ihrer armen Brüder, geben den Fragenden keine Antwort mehr und sehen nicht das große Elend der Elenden!

8. O Herr, wie lange wirst Du noch solchem Elend und solchen Gräueln der Verwüstung zusehen?! O Herr, erhebe Dich einmal, wie Du es verheißen hast! Gebe mir den Stab wieder, mit dem Du in meiner Hand den harten Pharao schlugst und Dein Volk errettet hast! Ich, Dein alter, getreuer Moses, bin nun wieder bereit auf Deinen Wink hinabzuziehen zur Erde, dort zu schlagen alle die Harten und Narren, und zu erretten Deine Kinder von deren zu großen Bedrängnissen! O Herr, erhöre Deinen alten Knecht Moses, und erhöre auch die Bitten Deiner blutenden Kinder! Dein Name werde geheiligt, und Dein allein heiliger Wille geschehe nun wie allzeit und ewig auf Erden wie in den Himmeln!“

9. Nach dem Moses erhebt sich sogleich der David und sagt: „Herr, also sprach einst Dein Geist zu mir, Deinem Knecht: ‚Setze dich zu Meiner Rechten, bis Ich alle deine Feinde zu deinen Füßen lege!‘ – Herr, alles was Dein Geist mir geoffenbart hat, ist getreust in die Erfüllung gegangen. Nur die volle Bekämpfung Deiner Feinde, die endliche Zerstörung des Hochmuts und alles dessen, was er gebärt – das mir Dein Geist auch geoffenbart hat – will nicht in die Erfüllung übergehen. Die Menschen sind noch, wie sie waren: neun Zehntel schlecht und kaum ein Zehntel halbwegs gut!

10. In Deinem Zorn, Herr, gabst Du Deinem Volk einen König – als es Sünden auf Sünden häufte und zu allen Sünden hinzu auch noch einen König verlangte. Und siehe, dieser Dein Zorn währt nun fort und will kein Ende nehmen! Denn alle Völker haben nun fort und fort Könige und sogar nach heidnischer Art Kaiser, die den Völkern stets als Vorbild des höchsten Stolzes und unersättlichen Hochmutes dienen! (1. Sam. 8; Hosea 13, 9-11)

11. O Herr, wann, wann wirst Du denn endlich einmal die größte Plage Deiner Menschen von der Erde nehmen und wieder Deine alte, heilige, patriarchalische Verfassung einführen?! O Herr, siehe, ist es nicht also nun, wie zu allen Zeiten, dass feige und gewissenlose Speichellecker sich um die Könige machen und ihnen lobhudelnden Weihrauch streuen des eigennützigsten Gewinnes wegen und jeden ehrlichen Menschen sogar zum Tod verdammen, so er es einmal nur wagte, einem König die volle Wahrheit zu sagen, die ihm doch noch um vieles nötiger wäre als das Licht seiner Augen? Wird etwa nicht jede gegen den betörten König gerichtete bestgemeinte Wahrheit als Hochverrat deklariert, und ihr Verkünder schnöde aus der Welt geschafft?

12. O Herr! Unter meiner Regierung standen die Sachen wohl auch arg, aber so arg ewig nicht! Denn ich lobte jeden Weisen, der mir die Wahrheit sagte; nur die Speichellecker verbannte ich und bestrafte die Lügner mit dem Tod. Nun aber ist alles verkehrt! Der Weise wird verfolgt wie ein reißendes Tier; aber der Lügner, der Schmeichler und der Speichellecker wird mit allen Ehrenzeichen geziert!

13. Herr, so kann die Sache nicht mehr bleiben! Die Hölle soll Hölle sein, wo sie ist in ihrer Urtümlichkeit! Aber auf der Erde so ganz vollkommen ihr Regiment aufrichten, das sollte ihr nimmer gestattet sein! Herr, darum bitten wir Dich alle, dass Du dem Regiment der Hölle auf der Erde endlich einmal ein Ende machst! Lasse immerhin Könige sein, wenn schon Könige sein müssen. Aber lasse sie so sein, wie ich es war, auf dass die Menschen nicht zu Teufeln werden, und Dein Name nicht gar so grässlich entheiligt werde! Denn wer wird Dich preisen in der Hölle, und welcher Teufel wird Dich loben?! Daher tue Dich auf, o Herr, und mache zuschanden alle unsere Widersacher! Dein Wille geschehe! Amen.“

14. Ganz beifällig durchdrungen von der Rede Davids, kann sich unsere Helena nicht mehr halten, sondern richtet sich ganz vergnügt auf und sagt zum Redner: „Bravo, bravo, Herr David! Sie waren wohl ein rechter König für die Erde! Wenn es solche Könige gäbe, oh, da wäre es wohl eine wahre Seligkeit, solchen Königen untertan zu sein! Aber unsere Könige in dieser jüngsten Zeit, die schon lange aufgehört haben, Menschen zu sein, und daher auch gar nicht mehr wissen, was ein Mensch ist und welchen Wert er hat, sind darum auch entweder Götter, die von allen ihren Untertanen nebst einer oft unerschwinglich großen Steuer auch eine wahrhaftige Anbetung verlangen, und das sind ehe noch die besten; oder sie sind gar in ihrem Handeln jenen reißenden Tieren gleich, die sie gewöhnlich als Aushängeschilder in ihren Wappen führen. Wie es den Untertanen unter solchen Herrschaften geht, das können sich der Herr David wohl gar leicht vorstellen! Die Kettenhunde haben sicher ein freieres Leben als die Menschen unter solchen Königen! Ich wäre wohl von ganzem Herzen dafür, dass solchen Herrschern, die nur sich selbst für alles, ihre Völker aber für gar nichts halten, unser allerliebster, bester und allmächtigster Herr Vater Jesus so auf eine recht eindringliche Weise zeigte, wie viel es nun etwa an der Zeit ist, und was sie und ihre Völker wert sind, und inwieweit sie das Recht haben, die Freiheit des Menschen zu beschränken!? Was meinen der Herr König David, habe ich recht oder nicht?“

15. Spricht David sehr freundlichen Angesichts: „Liebe Helena, als eine junge Nachkömmlingin meines Volkes! Du hast ganz recht, ich muss deine Weisheit loben; denn du wünschest, wie ich, nichts Übertriebenes, sondern Billiges und Gerechtes nur.

16. Es sollen ja Könige sein und bleiben, die da schon gesalbt sind; aber sie sollen von ihren zu hoch gestellten Thronen nun zu ihren Völkern herabsteigen und mit ihnen Menschen sein und ihnen auch gewähren, was recht und billig ist! Aber ebenso sollen auch die Völker an ihre Könige Forderungen stellen, die recht, billig und ausführbar sind. Aber nun werden auf beiden Seiten die Saiten zu hoch gespannt, und da wird es wohl leichtlich nicht eher besser, als bis auf beiden Seiten die Saiten vollends reißen werden! Die Könige werden ihre Völker, und darauf die Völker ihre Könige, schlagen!

17. Aber alles dessen ungeachtet steht zwischen König und Volk noch immer unser alleiniger Jehova-Zebaoth, der noch alles auf eine uns ganz unbekannte Weise in die beste Ordnung bringen kann. Daher ist hier an uns auch bloß nur, dass wir uns entäußern. Das große Werk aber ist des Herrn allein. So, so, meine Liebe, verhält es sich mit dieser Sache!“

18. Spricht Helena: „Ja, ja. Sie sind wohl ein weiser König. Sie haben recht.“

Kapitel 80 Mobile Ansicht Impressum